Am Wochenende habe ich meine Runden in Bremen auf der diesjährigen Classic Motorshow gedreht. Wie nicht anders zu erwarten, war der Andrang am Samstag sehr groß und das Gedränge in den Hallen und vor allem im Bereich Teilemarkt extrem hoch. Wie immer waren sehr schöne Exponate bei den zahlreichen Clubs und Händlern zu sehen, jedoch nichts wirklich aussergewöhnliches. So hat mich unter all den Oldtimern und Youngtimern der Stand des Lanz-Bulldog-Club Oyten besonders beeindruckt. Hier habe ich ein nettes und interessantes Gespräch geführt und das hat mich veranlasst, meinen Nachbericht zur Messe diesem Verein und der Geschichte des Lanz Bulldog zu widmen.
Lanz-Bulldog-Club Oyten – der vermutlich älteste Lanz Bulldog Club der Welt
Der Lanz-Bulldog-Club Oyten-Backsberg e.V. wurde bereits im Jahre 1975 gegründet. Johann Esselmann – einer der Gründungsmitglieder – hatte zusammen mit seinem Sohn Siegfried einen seltenen Lanz Knicklenker (Bulldog HP mit 12 PS) der Firma W. Tiemann und Co. restauriert und ausgestellt. Durch den Wandel der Technik hat der Lanz-Bulldog-Club Oyten es sich dann weiter zur Aufgabe gemacht, alte landwirtschaftliche Maschinen und Geräte zu sammeln, zu erhalten und regelmäßig zu präsentieren. Einer der Hauptgedanken hierbei war es die Menschen daran zu erinnern, was für eine Herausforderung und was für ein Aufwand die Landwirtschaft damals mit sich trug.
Mehr als nur ein einfacher Schlepper
Für den Verein ist ein Lanz Bulldog mehr als nur ein einfacher Schlepper. Jeder Lanz Bulldog hat so sein Eigenleben oder seine eigene Seele. Sie wollen nicht vergessen wozu diese Schlepper gebaut wurden. Somit sind viele Schlepper nicht unbedingt hochglanzpoliert, aber dafür immer noch voll im Einsatz!
Seit 1975 findet alle zwei Jahre auf dem Backsberg das Lanz-Bulldog-Treffen zu Pfingsten statt. Unter anderem wird dann das Tiefpflügen (bis zu einem Meter tief) mit drei Lanz Bulldogs demonstriert.
Aber wo hat der Lanz Bulldog eigentlich seinen Ursprung?
Heinrich Lanz wurde am 9. März 1838 in Friedrichshafen am Bodensee geboren, stieg 1859 in die Firma seines Vaters ein und übernahm den Vertrieb der britischen Geräte und Maschinen. Sein wichtigstes Ziel war jedoch, den deutschen Landwirten bewusst zu machen, dass ihnen diese Gerätschaften erhebliche Verbesserungen und Vorteile bieten. Auch wollte er sicherstellen, dass sie auch richtig gewartet und repariert werden können. Deshalb richtete er eine kleine Werkstatt ein.
Importgeräte waren unter anderem Sämaschinen, Dreschmaschinen sowie Dampf-Dreschmaschinen. Es gelang ihm sich mit eigenen Erfindungen und Verbesserungen im Landmaschinenbereich zu behaupten. 1870 gründete er die Firma Heinrich Lanz & Co..
Die ersten Lokomobile und Dampfdreschmaschinen
1879 stellte Lanz seine ersten eigenen Lokomobilen und Dampfdreschmaschinen her. Mit der Produktion aus eigener Hand machte sich Lanz unabhängig von anderen Firmen. 1905 verstarb Heinrich Lanz jedoch auf dem Höhepunkt seiner Karriere und sein Sohn, Karl Lanz trat daraufhin das Erbe an.
Auf der EXPO-Weltausstellung 1910 in Brüssel präsentierte Heinrich Lanz & Co. die größte Lokomobile der Welt mit rund 1.000 PS, welche gleichzeitig die Energieversorgung der Ausstellung sicherte. Lanz baute nicht nur Landmaschinen, sondern gemeinsam mit dem Professor Johann Schütte auch Starr-Luftschiffe mit Holzskelett und Doppeldecker-Flugzeuge. Das erste Luftschiff startete 1911 seine Flüge. Insgesamt wurden 20 Luftschiffe fertiggestellt und ausschließlich an das Militär geliefert. Auch die 250 gefertigten Doppeldecker mit rund 200 PS dienten dem Militär, verwendet als Aufklärer.
Bis zum Jahre 1914 verkaufte Lanz über 35.000 Lokomobile und Dampf-Dreschmaschinen!
Die Geburtsstunde des Bulldogs und seine “bullige” Erscheinung als Namensgeber
Sie basiert auf einer Konstruktion von Dr. Fritz Huber. Dieser stellte 1921 den ersten Bulldog mit 12 PS auf der DLG-Ausstellung in Leipzig vor. Die Brennstoffgleichgültigkeit der Lanz-Bulldogs ist bis heute von anderen Typen nicht übertroffen. So begnügt sich der Einzylinder Glühkopfmotor sogar mit Teerölen, Destillationsrückständen wie Naphta oder Mazut und sonstigen Schwerölen, für die sich zu diesem Zeitpunkt kein anderer Verbrennungsmotor eignete. Den Namen „Bulldog“ erhielt der Schlepper aufgrund seiner gedrungenen, bulligen Erscheinung und dem vorn montierten Glühkopf. Wenn bei Dunkelheit die Glühnase stark glüht, erscheinen die zwei seitlichen Löcher am Glühkopf wie rot leuchtende Augen.
1923 brachte Lanz dann den Felddank (FD) und den Knicklenker (Bulldog HP) auf den Markt. Zusätzlich wurden die neuen Zweigang-Getriebe eingeführt. Sie ermöglichten es, ohne das Umsteuern des Motors rückwärts zu fahren. Leider waren diese Typen für die damaligen Verhältnisse sehr teuer. 1926 gab es durch den neuen HR-Bulldog einen Entwicklungssprung. Dieser brachte eine Dauerleistung von 22 PS bei knapp über 10 Litern Hubraum und hatte vier Vorwärts- und Rückwärtsgänge. Im folgenden Jahr kam der HR 2 Bulldog in die Produktion und es wurde das Fließband eingeführt. Das war nun möglich, weil die anderen Baureihen abgeschafft wurden. Somit war ein niedriger Preis von damals 5.600 Mark einhaltbar. Den HR 2 gab es in drei Ausfertigungen – als Ackerschlepper, Verkehrs-Bulldog oder Raupe.
1928 kam der Lanz HR 4 mit einer Thermosyphonkühlung auf den Markt. Dies war die Entstehung der Kühlerbulldogs, die mit breiten Moor-Rädern und Hartgummi-Rädern angeboten wurden. Zusätzlich führte Lanz auch die erste deutsche Ballenpresse ein. Bereits ein Jahr später kam der HR 5 (15/30) und der HR 6 (22/38) auf den Markt. Der HR 5 stand für 15 PS Zugkraft und 30 PS an der Riemenscheibe. Besonders interessant ist, dass diese Varianten als Verkehrsbulldog mit einem neuen Schnellganggetriebe, einem festen Führerhaus und Kotflügeln angeboten wurden. Zusätzlich hat Lanz alle Erweiterungen für die Schlepper als Zusatzausrüstung angeboten: Zapfwelle, elektrische Beleuchtung, verschiedene Bremsen, Moor-Räder und vieles mehr.
Für diese Schlepper wurden erstmals in Deutschland Luftreifen verwendet, hergestellt von der Firma Continental aus Hannover. In diesem Jahr stellte Lanz auch die erste komplett aus Stahl gefertigte Dreschmaschine vor, die sogenannte „Stahl-Lanz“. Heinrich Lanz & Co. wurde jetzt noch bedeutender für die Landwirtschaft.
1934 kamen zwei neue HR Modelle raus, der HR 7 (D8500) mit 30 PS Dauerleistung und der HR 8 (D9500) mit 38 PS Dauerleistung. Beide Bulldogs hatten einen 10,3-Liter-Glühkopfmotor. Die stärksten Lanz-Vorkriegsmodelle leisteten eine geballte Kraft von 55 PS (D1500). Das bekannteste dieser Modelle ist der „Eil-Bulldog“. Er wurde mit festem Führerhaus für Spediteure und Schausteller konstruiert und erreichte schon damals über 30 km/h.
Lanz und der II. Weltkrieg
Der zweite Weltkrieg verlief für Heinrich Lanz & Co. zunächst nicht dramatisch, da das Unternehmen als größter Landmaschinenhersteller im Reich fast ungehindert weiter produzieren durfte. Und der EilBulldog war besonders interessant für das Militär. 1942 wurde der 100.000ste Bulldog gefeiert, doch der Erfolg hielt sich in Grenzen. Der Vater des Bulldogs, Fritz Huber, verstarb am 14. April des Jahres. Mit seinem Tod endete auch die Glanzzeit der Firma Lanz. In Folge einer Regierungsverordnung durften Schlepper nur noch Holzgas verwenden, um Kraftstoff für das Militär einzusparen. Zwar gelang es den Konstrukteuren von Lanz noch, die Bulldogs auf Holzgas umzustellen, doch taten die Bombenangriffe der Alliierten ihr übriges zum Niedergang des Unternehmens. Über 90 Prozent der Gebäude des Mannheimer Werks wurden zerstört. Viele Mitarbeiter verloren ihr Leben oder wurden schwer verwundet. Nach der Zerschlagung des Dritten Reichs wurden die Lanz-Werke durch die Besatzungszonen aufgeteilt.
Lanz begann zwar sofort wieder mit der Produktion, doch fehlte notwendiges Geld. Sogar Tauschgeschäfte wurde betrieben, um wieder Material zu beschaffen. Auch für Neuentwicklungen waren keine finanziellen Mittel vorhanden. Also setzte Lanz auf die gute Erfahrung mit den Vorkriegsmodellen, was sich jedoch schnell rächte.
Die Konkurrenz hatte hingegen ein wenig Glück im Unglück gehabt. Fendt in Marktoberdorf wurde von nur einer Bombe getroffen. Einst unbedeutende Landmaschinenhersteller wie Eicher, Schlüter, MAN, Deutz, Hannomag und IHC gewannen mehr und mehr an Bedeutung. Lanz hielt an den Glühkopfmotoren fest, die Konkurrenz setzte auf die sparsameren und leicht zu bedienenden Viertakt-Diesel-Motoren. So verlor Lanz immer mehr Marktanteile.
Heinrich Lanz: „Bleib dir treu, so wirst du deinen Weg machen“
Neustart ’49
1949 führte Lanz die Halbdiesel-Bulldogs ein. Der Begriff „Halbdiesel“ entstand, weil diese Traktoren zunächst mit Benzin angelassen, und wenn der Motor Betriebstemperatur erreicht hatte, auf Diesel umgestellt wurden. 1955 verließ der 150.000ste Bulldog das Werk. Lanz hatte zu diesem Zeitpunkt eine Exportquote von 20 Prozent und erweiterte sein Absatzgebiet in den iberischen Raum mit einem Werk bei Madrid.
1955 wurden die Volldiesel eingeführt. Diese brauchten zum Starten im Gegensatz zu den Halbdieselmodellen kein Benzin mehr. Der Zylinder ist auch bei dieser Baurreihe flachliegend. Die Volldiesel wurden zunächst in vier Varianten von 16 bis 28 PS angeboten.
1956: John Deere kommt
1956 wurde der 200.000ste Bulldog fertig gestellt. Gleichzeitig übernahm der amerikanische Traktorenhersteller „Deere & Company“ das Unterhehmen. 1958 wurde das „Lanzblau“ von den John-Deere-Farben Grün und Gelb ersetzt. Zwei Jahre später wurde dann auch der Firmenname in „John Deere-Lanz“ abgeändert.
1960 gab es noch fünf Volldiesel- und drei Halbdiesel-Modelle. Diese wurden dann bis auf die D5016 und D6016 (50 und 60 PS) eingestellt. 1967 wird der Name „Lanz“ gestrichen, das Werk in Mannheim in „John Deere Werke Mannheim“ umbenannt und die Traktoren nur noch mit „John Deere“ beschriftet.
Seit den 70er Jahren sind die John Deere Werke Mannheim der größte Traktorenhersteller in Deutschland, mit einer Exportquote von rund 90 Prozent!
Quellen: Pressetexte Lanz-Bulldog-Club Oyten / „Lanz – Das Typenbuch“, ISBN 978-3-7654-7708-9
Bilder: Lanz-Bulldog-Club Oyten, lanzbulldog.nl und Modellfoto
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