Für alle, die etwas jünger sind und es nicht live mitverfolgt haben: Die Camel Trophy war ein auf Geländewagen ausgerichteter Wettbewerb, der zwischen 1980 und 2000 jährlich stattfand. Hauptsponsor war die Zigarettenmarke “Camel”.

1980 wurde der Wettbewerb erstmalig von drei deutschen Teams durchgeführt die mit Jeeps das Amazonasbecken erkundeten. Im Anschluss wurden in den Nächsten Jahren die Teams von Land Rover unterstützt und so wurde und im Laufe der nächsten zwanzig Jahre die gesamte Fahrzeugpalette von Land Rover bei der Camel Trophy eingesetzt. Range Rover, Land Rover Serie III, Land Rover 90, Land Rover 110, Land Rover Defender, Land Rover Discovery und Freelander alle in der charakteristischen “Sandglow” Optik.

 

Die Camel Trophy war für mich damals der Inbegriff des ultimativen Abenteuers und rangierte direkt neben der Paris Dakar. Ich fieberte mit auch wenn in beiden Fällen die Berichterstattungen und Livebilder lange nicht so zahlreich waren wie es durch die Sozialen Medien heute der Fall wäre. Gerade deshalb habe ich mich über das Buch von Nick Dimbleby gefreut! Es ist eine wahre Schatzgrube und erweckt die Erinnerungen an die Camel Trophy auf sehr spannende und gelungene Weise wieder zum Leben.

Das grenzenlose Abenteuer von 1980 bis 2000

Zwischen 1980 und 2000 führte die Camel Trophy mehr als 500 Teilnehmer aus 35 Ländern an die spektakulärsten Orte der Welt. Dabei fuhren die Teams speziell vorbereitete Fahrzeuge und brachten diese in den rauesten Umgebungen an ihre Grenzen. Als Teil des offiziellen Fotografenteams sammelte Nick Dimbleby jahrelang atemberaubende Bilder von Land Rover-Konvois im Dschungel und den Menschen hinter den Kulissen.

 

Einleitung: Brasilien 1984 – Tagebuch von Volker Lapp

Das mit 347 Seiten sehr umfangreiche Band ist nicht nur sehr spannend zu lesen, es ist auch vollgespickt mit richtig guten Fotos die mir den Spirit dieser Challenges wieder nahe gebracht haben. Outdoor-Legende Volker Lapp sorgt für den passenden Rahmen und macht Dimblebys Chronik zum ultimativen Buch für jeden Camel Trophy Fan.

Die ersten 10 Seiten mit Auszügen aus dem Tagebuch von Volker Lapp haben mich sofort in das Buch gezogen und haben mir das Besondere und die Herausforderung des Wettbewerbs sehr nahe gebracht. Das ist alles sehr weit weg von heutigen, sogenannten Rallyes mit Gala Essen im fünf  Sterne Hotel und es wird schnell klar, weshalb sich aus der Camel Trophy solch eine Gemeinschaft gebildet hat.

Kapitel 1: Die Menschen

Nach der Einleitung sind wir schon mittendrin im Kern der Camel Trophy – den Menschen bzw. Teams! Ich fand es schön, dass es nicht erst um die Fahrzeuge ging. Wer die Trophy früher mit verfolgt hat, wird sich an einige Namen erinnern und sich freuen, einige Hintergründe zu erfahren.

 

Kapitel 2: Die Fahrzeuge

Jetzt wird es richtig schön für jeden Land Rover Fan… alle Fahrzeuge, die über die Jahre zum Einsatz kamen werden kurz beschrieben und euch erwartet ein kleiner Rundgang durch die Land Rover Fahrzeuggeschichte. Mein Favorit ist und bleibt natürlich der Defender 90 und 110 😅,

 

Kapitel 3: 1980-1983 – Die ersten Jahre

Von Deutschland in die Internationalität

Die Camel Trophy Trans-Amazonica ‚80 startete am 5. Mai 1980 in Belém, einer Großstadt im Norden Brasiliens. Seit dem Ende der Regenzeit einige Monate zuvor hatte es kaum Niederschläge gegeben, so dass die riesigen Spurrillen, die die Lastwagen damals verursacht hatten, hart wie Beton waren. So wurden die drei Jeeps der Teilnehmer heftig durchgeschüttelt und die übrigen Fahrzeuge des Konvois in dicken roten Staub eingehüllt. Schon wenige Minuten, nachdem sie das Hotel verlassen hatten, war alles verdreckt, und die Amateurhaftigkeit der Teilnehmer wurde deutlich. Da ihnen kaum Ratschläge gegeben worden waren, was sie mitnehmen sollten (oder vielleicht auch nicht), mussten die Teams bereits nach einigen Kilometern Fahrt im Gelände anhalten und ihr Gepäck neu ordnen. Vieles davon hatte sich gelöst, und die Teams stellten schnell fest, dass sie viel mehr dabeihatten, als sie brauchten. (Auszug)

 

Kapitel 4: 1984-1987 – Die Zeiten ändern sich

 

“Wie in einer Art Zwanghandlung kehrte die Camel Trophy 1984 auf die Transamazônica-Fernstraße nach Brasilien zurück. Wahrscheinlich wurde der Austragungsort gewählt, weil man mit der ersten Veranstaltung von 1980 mental noch nicht ganz abgeschlossen hatte, aber auch, weil er das schlammige Gelände und die perfekte Dschungeloptik für die mittlerweile typisch gewordene  Camel-Trophy Bilder sorgte. Kurzum: Die unbefestigte Piste durch den brasilianischen Urwald war für die Organisatoren eine unwiderstehliche Verlockung.” (Auszug)

 

Kapitel 5: 1988-89 – Die Trophy entwickelt sich

Iain Chapman hinterlässt seine Spuren

“Obwohl hinter den Kulissen eine Menge los war, lief die Camel Trophy Sulawesi 1988, oberflächlich betrachtet, wie gewohnt ab. Die Indonesische Insel bot die klassische Dschungelkulisse, jede Menge Schlampassagen, unberechenbares Wetter und eine interessante lokale Kultur. Als Wettbewerbsfahrzeug fungierte in diesem Jahr der Land Rover 110 mit Turbodieselmotor.

Als Reaktion auf die einschlägigen Probleme bei der letztjährigen Trophy in Madagaskar wurden bei der aktuellen Ausgabe die Spezialprüfungen gründlich umgestaltet. Von den geplanten zwölf Tagen der Veranstaltung waren zu Beginn und am Ende die eine für diese Prüfungen reserviert. Die letzten beiden im Thurant, Irland 300 km von der Ziel der Trophy.

Der Tross brach am 24. März von der Nordspitze Sulawesis auf. Die Präsentation lokaler Kultur war inzwischen fester Bestandteil der Veranstaltung, und in diesem Jahr wurden die Teilnehmer nach der Ankunft mit dem Flugzeug in der Hafenstadt Makassar von einer lokalen Gruppe begrüßt, die einen Kriegstanz zur Abwehr, böser Geister aufführte… leider schien sie gegen den sintflutartige Regen nichts ausrichten zu können.” (Auszug)

 

Kapitel 6: 1990-96 – Zeitalter der Entdeckungen

Die Trophy kommt in Schwung – 1990 Sibirien

“Zu sagen, dass in den 13 Monaten zwischen dem Ende der Camel Trophy 1989 und dem Start der 1990er Ausgabe eine Menge passiert ist, wäre wohl eine Untertreibung. Für das Management galt es, den vergangenen Event am Amazonas aufzuarbeiten, die Auswahl für 1990 zu treffen, diese Veranstaltung zu organisieren und nicht weniger als zwei entsprechende Vorkundungen durchzuführen, einschließlich einer Reise nach Indien, um dort eine mögliche Veranstaltung im Folgejahr zu planen …

Als wenn der neue Standort und die andere Klimazone nicht schon genug gewesen wären, war die dritte Neuheit auf der Camel Trophy 1990 das Wettbewerbsfahrzeug: der dreitürige Landrover Discovery. Der Discovery war die Reaktion von Land Rover auf den weltweiten Erfolg der japanischen Geländewagen wie den Mitsubishi Pajero, den Toyota Land Cruiser und den Isuzu Trooper. Es war erst das dritte Modell von Land Rover nach 42 Jahren Land Rover und 20 Jahren Range Rover. Die Camel Trophy als beste Werbeplattform für den Newcomer zu nutzen, war daher eine große Sache.” (Auszug)

Kapitel 7: 1997 -2000  – “Ein Leben. Lebe es”

Der Richtungswechsel

 

1997 Mongolei

“Man brauchte sich nur die farbigen Hemden und moderneren Stiefel der Protagonisten oder die schicke neue Lackierung und die Fahrräder und Kajaks auf den Dächern der Land Rover Fahrzeuge anzusehen, um zu erkennen, dass die Camel Trophy Mongolia 1997 eine ganz andere Veranstaltung war als die Camel Trophy Kalimantan im Vorjahr.

Zunächst einmal wurde die bisherige Mischung aus Convoyfahrt und Spezialprüfungen abgeschafft. Stattdessen wurde die Gesamtveranstaltung zu einem Wettbewerb gemacht, bei dem die Teams an verschiedenen Orten in der Mongolei an Mountainbike-, Kajak-, Orientierungslauf- und Fahrprüfungen teilnahmen. Auch die Fahrzeuge waren zeitgemäßer gestaltet. Anstelle der traditionellen Stahlscheibenräder und Michelin XZL-Reifen wurden Leichtmetallfelgen mit BF Goodridge Mud Terrain Gummis verwendet, während an den Wagenflanken nun Dekoraufkleber mit einem Bergmotiv und Sponsoren Logos zu finden Waren…

Damals war die Mongolei einer der isolierten Orte der Welt, und 1997, als der Abenteuer Tourismus noch nicht so richtig in Schwung gekommen war, hatten nur wenige Ausländer das Land besucht. Mit 1,56 Millionen km² ist sie etwa dreimal so groß wie Frankreich, hatte aber zu dem Zeitpunkt der Veranstaltung nur 2,2 Millionen Einwohner. Als Binnenland zwischen Russland und China gelegen, ist die Mongolei in einer durchschnittlichen Höhe von 1.580 m eines der höchst gelegenen Länder der Welt. Es gab weniger als 1.000 km asphaltierte Straßen, so dass sie sich ideal für die neugestaltete Camel Trophy eignete. Die Veranstaltung startete am 11. Mai 1997.” (Auszug)

 

Kapitel 8: Die Vorerkundungen

 

“Die Planung der Camel Trophy-Aktivitäten, ein ganzes Jahr im Voraus war kein 5 Minuten Job, und da die Veranstaltung von Jahr zu Jahr größer und komplizierter wurde, war es von höchster Wichtigkeit, bestens vorbereitet zu sein. 1980 wurde der größte Teil der Planung und Organisation im Vorfeld der Veranstaltung von Andreas Bender noch im Alleingang durchgeführt. 20 Jahre später gab es jedoch mehrere Teams, die alle unter der Muttergesellschaft der Veranstaltung, WBI, arbeiteten. Mehrere externe Agenturen waren engagiert worden, um die verschiedenen Teilbereiche der Camel Trophy zu betreuen: Logistik, Wettbewerbe, Medizin, Kommunikation, Film, Foto, PR und Reisen.”(Auszug)

Ich fand dieses Kapitel sehr interessant da es sich viele Zeit lässt ein wenig die Hintergründe und vor allem die Entwicklung der Vorbereitungen im Laufe der Jahre und Veranstaltungen kennenzulernen. Ein unglaublicher Job, der vor allem in den Anfangsjahren auf sehr wenigen Schulter lastete!

 

Kapitel 9: Das Auswahlverfahren

 

“Für alle 566 Teilnehmer aus 34 Ländern, die in den letzten 20 Jahren an der Kammel Trophy teilgenommen haben, begann das Abenteuer mit einem einfach ein Stück Papier und einen Stift. Der Preis für die Teilnahme: die Kosten einer Briefmarke. 

Ich mag heute seltsam erscheinen, aber in den 1980er und 90er Jahren, vor den Tagen des Internets und der online Bewerbungsformulare, verlangte die Camel Trophy von ihren potentiellen Teilnehmern, dass sie sich mit einem Stift hinsetzen und ein doppelseitiges Bewerbungsformular ausfüllen. Diese schickten sie dann per Post an das örtliche Camel Trophy Büro im Land des Teilnehmers, wo es anhand verschiedener Parameter geprüft und bewertet wurden. Die glücklichen, die Gnade fanden, kam dann in die nächste Runde…

… doch bevor jemand tatsächlich an einer Camel Trophy teilnehmen konnte, waren viele Hindernisse zu überwinden. Aus den zehn- oder sogar hunderttausenden von Bewerbern pro Land wählte jedes Länderbüro zwischen 25 und 100 der am geeignetsten scheinenden Kandidaten aus und lud sie zu einem nationalen Auswahlwochenende ein. Für größere Märkte wie Frankreich, Spanien, Italien und Deutschland gab es vor diesem nationalen Auswahlwochenende auch noch regionale Ausscheidungen, so dass es sich um einen potentiellen, langwierigen Prozess handelte, der fast unmittelbar nach dem Ende der Vorjahresveranstaltung begann…

Ganz gleich, wo die Camel Trophy ausgetragen wurde, die grundsätzliche Beurteilung der Teilnehmer lief immer gleich ab. Sie versammelten sich an einem Ort, an dem sie ein Wochenende lang harte, mentale und psychische Herausforderungen zu bewältigen hatten, mit ein paar Fahr- und Erholungsübungen im Gelände als Zugabe.” (Auszug)

 

Interessant fand ich, dass dieses Kapitel über das Auswahlverfahren erst im Letzten Teil des Buches stattfindet. Instinktiv hätte ich es eher an den Anfang gestellt. Spannend bleibt es aber auf jeden Fall zu lesen wie viel Hype um die Trophy bestand und wie viel Mühsal die Bewerber auf sich genommen haben um ein Teil dieser Camel Trophy zu werden 😉.

 

Kapitel 10: Die Infrastruktur

 

So richtig habe auch ich mir damals keine Gedanken darüber gemacht, wie die beteiligten Personen und die Fahrzeuge zu den Veranstaltungsorten gekommen sind, wer darüber entschieden hat, dass sie auf dieser oder jener Straße fuhren und wer sich darum gekümmert hat, Genehmigungen dafür zu bekommen.  Die Infrastruktur- und Logistikproblematik stand nicht so im Vordergrund. So ist es ganz Interessant, dass der Autor uns im vorletzten Kapitel die Organisations-, Foto- und Videoteams näher bringt, die während der Veranstaltung das ganze am laufen gehalten haben. Ein Abenteuer für sich!

 

Kapitel 11: Das Erbe

 

Mit dem Ende der letzten Camel Trophy im Jahr 2000 endete eine Ära. Erstaunlich dabei, wie viele Veranstaltungsfahrzeuge weiterhin vorhanden sind und auf der Welt verteilt weiterhin genutzt und gezeigt werden. Es haben sich viele Gruppen von Enthusiasten zusammengetan, die den Spirit weiter leben. Zum Abschluss dieses aus meiner Sicht faszinierenden Buches werden einige Aktivitäten und Gruppierungen vorgestellt.

Ein schöner und positiver Schluß 👍

 


 

Motorbuch Verlag

352 Seiten, 285 x 235 mm

69,00 EUR