Gastbeitrag von Jürgen Renardy, Aachen


Wie kommt man auf eine so bekloppte Idee als ein Triumph TR4 noch ein billiger Gebrauchtwagen war?

Gerade drum! Immerhin damals schon 6 Jahre von mir chauffiert und zumindest technisch ziemlich zuverlässig geworden, optisch…naja, mäßig. Im Februar 1984 bin ich schon mal mit einem Bekannten zwecks BMW Überführung bis Anfang Syrien mitgefahren, keine Probleme. Und da ich zu der Zeit einige türkischstämmige studentische Aushilfen beschäftigte wurden meine Freundin Renate und ich ganz allgemein neugierig so eine Reise auch mal auf eigene Faust zu unternehmen, inkl. Besuch diverser Eltern meiner Mitarbeiter in Istanbul und Ankara. Antike Stätten in der Türkei und Syrien interessierten uns eh schon länger. Na dann, los ging es mit dem “ollen” TR4 im September. Unser Zeitplan vier Wochen!

Erstmal den berühmt, eher berüchtigten Autoput entlang bis zur türkischen Grenze

Zwischen Nis und bulgarischer Grenze

Zwei Übernachtungen in München und schon waren wir mittendrin im damaligen Jugoslawien. Und was wir derweilen an hoffnungslos überladenen Opel Rekord, Ford Transits und Consul überholen konnten, trotz persönlichem Drehzahllimit 3500 U/min.

Erst einmal drei Tage Pause in Istanbul inkl. aller möglichen Sehenswürdigkeiten, Basar-Besuchen und so.

Blick vom Galataturm, den 100Jahre Jubiläums-Orientexpress im Sirkeci Bahnhof haben wir leider gerade verpasst, auf der alten Galatabrücke/goldenes Horn

Teetrinken/Plausch mit Istanbuler Jugend im Gülhane Park, “halber” TR4 vor der Hagia Sophia

Dann eine Tagesetappe von 400km bis Ankara einschließlich einiger Kilometer in der falschen Einbahnstraßenrichtung – Schild in der Abenddämmerung einfach übersehen- und siehe da, tatsächlich taten es uns einige Einheimische gleich und folgten dem “Rudelführer”. Wieder zwei Tage u.a. mit Familienbesuchen wo wir auf das allerherzlichste empfangen und bewirtet wurden.

 

Nächste Etappe, 670km bis Antakya kurz vor der syrischen Grenze.

Tolle E5 bis zu 40km lange Gerade vor dem Taurusgebirge

Ab in die Werkstatt die ich noch vom Februarbesuch flüchtig kannte um ein paar Kleinigkeiten erledigen zu lassen, Stoßstangen neu verchromen (miserabel) , Kofferraumschloß reparieren sowie den Originalkühlungspropeller den ich mitgenommen hatte, wegen minimaler Temperaturproblemen zusätzlich zum Elektrolüfter wieder einbauen zu lassen. Schock am nächsten Morgen, da lag mein Zylinderkopf demontiert auf der Werkbank. Der Chef hatte anscheinend nur “Temperaturproblem” verstanden, Thermostat gecheckt, ok, na dann muß es eben die Kopfdichtung sein. Oweia, aber Riesenglück im Unglück, an Neuersatzteilen hatte ich nur Radlagersätze und einen kompletten Motordichtsatz dabei. Der Werkstattaufenthalt dauerte dann halt einen halben Tag länger und als Entschädigung machte der Bruder des Werkstattchefs sich mit Engelsgeduld an die handwerkliche Reparatur des gerade vor 300km ausgefallenen Tachos. Der funktioniert bis heute, Chapeau!

Einen Tag später dann halt ab nach Syrien/Aleppo

Der Grenzübergang nach nur 30km bei Reyhanli hat es heutzutage, sprich vor nur 5 Jahren, zu trauriger Berühmtheit gebracht, zwei Selbstmordattentate mit offiziell 60, inoffiziell bis zu 300 Toten. Visa natürlich vorhanden, trotzdem dauerte es, ein 50 DM Schein half dann doch alle weiteren nötigen Formalitäten innerhalb einer Stunde zu erledigen. Wir blieben zwei Tage in Aleppo und besuchten die wichtigsten Sehenswürdigkeiten wie die weltberühmte Zitadelle, die Umayadenhofmoschee, den Suk und das Nationalmuseum, heutzutage fast alles dank dem syrischen Bürgerkrieg zu Klump gebombt und geschossen, traurig.

Die Zitadelle, und ein Pfeifchen mit Einwohnern, auf halber Strecke nach Damaskus, Tochter eines reisenden syrischen Paares fühlt sich wohl im Cabrio

Dann ging es weiter nach Damaskus, andere Sehenswürdikeiten bestaunen inkl. einem  Miniabstecher das Baradatal entlang bis an die libanesische Grenze im Antilibanongebirge.

Fast “Kollege in Damaskus, mit Turbohutze und VW Rückleuchten

Rück”sturz”: natürlich nicht die selbe Route wie hin

Über Homs ab an die Mittelmeerküste, dabei auch noch die Besichtigung der alten Kreuzritterburg Krak des Chevalier geschafft. Dann in Tagesetappen von 3-400km die gesamte türkische Südküste entlang…

Nicht durchgehend Asphaltstraßen

…Mersin, Kemer (damals ein 500 Seelenkaff, mitleidig wurden die ersten Pauschaltouristen im Club Mediterranee vom Dach der Pension beäugt), Anamur, Fethye (Ölüdeniz), Kusadasi…

Vor dem gewaltigen Amhitheater in Milet, Ephesus bevor es von Tausenden Touris überrollt wurde

… Edremit (Akcay) bis zur Dardanellenfähre in Canakkale um von dort wieder nach Europa überzusetzen.

Asien-Europa Fähre über die Dardanellen

Unterwegs wurden wir natürlich des öfteren von deutschen und anderen Pauschaltouristen gefragt wie wir es denn mit so einer ollen und kleinen Kiste über Land in diese Urlaubsorte geschafft hatten. Als wir dann beiläufig erwähnten wir kämen gerade von der anderen Seite sprich Osten/Syrien zurück blieben die erstaunten Münder ziemlich lange offen.

Rückfahrt von Edirne, dem türkischen Grenzort zu Bulgarien und Griechenland nach Hause 2300km in einem Rutsch, weil….die ins Auge gefasste Übernachtung nördlich von Zagreb klappte nicht, ausgebucht. booking.com & Co. gab es halt noch lange nicht 😅. Bestraft wurde diese Gewalttour dann auch – fast logisch – mit meinem ersten und bis dato auch allerletzten Sekundenschlaf irgendwo zwischen Villach und Innsbruck. Können de facto nur zwei, drei Sekunden gewesen sein, auf dem Autobahnstandstreifen bin ich dann wieder “aufgewacht”, der Schreck hielt mich von weiteren Nickerchen bei 100km/h plus dauerhaft ab. 27 Stunden dauerte diese Gewalttour. In der Summe, gar nicht mal so übel bedenkt man, daß es in Jugoslawien und Bulgarien gerade mal ca. 400km echte Autobahn gab.

 

2014 haben wir das Abenteuer wiederholt. Freut euch also auf den 2. Teil demnächst auch hier auf dem Blog!

 

Bilder & Text: Jürgen Renardy, Aachen