Die Auswahl ist begrenzt und doch schier unübersichtlich: Oldtimer sind nicht immer einfach zu bereifen, und wenn, dann oft nicht günstig. Wir kennen das Problem zu genüge und stehen spätestens alle vier bis sechs Jahre vor der Frage: Welcher Reifen für welches Fahrzeug, welchen Einsatz und vor allem… wird er noch produziert? Ist er noch bezahlbar? 

Bei wenigen älteren Formaten gibt es praktische keine Auswahl: Kauf oder lass´ den Wagen stehen!

Regelmäßig bitter ist es für Fahrzeugeigner, die auf TRX-Formaten unterwegs sind. Die ursprüngliche Spezialität von Michelin gab und gibt es auch vom englischen Tradtionshersteller Avon und der zu Goodyear gehörenden Marke Dunlop. Statt weiter die teuren TRX-Reifen zu kaufen, ließe sich auch auf andere Felgen umrüsten und damit das Problem beseitigen.Das ist halt nur nicht mehr ganz original, im Alltag aber vorteilhaft, weil der Ersatz dann leichter und günstiger zu bekommen ist.

Für US-Klassiker sieht es allgemein nicht schlecht aus. Einzelfälle bestätigen das Gegenteil. Aber General Tire (zu Continental gehörend), Firestone (Tochter von Bridgestone), Cooper (Muttergeselschaft von Avon) und weitere sind durchaus zu finden.

Traditionspflege hat bei Michelin schon ein lange Geschichte.

Der französische Konzern gehört zur Weltspitze und fokussiert nicht allein auf ein margenträchtiges Neugeschäft. Hier werden auch klassische Dimensionen weiter gebaut. Den Reifen fahren wir zum Beispiel auch auf unserem Triumph TR250 Baujahr 1968. Er sieht nicht nur gut aus, sondern hat auch bei Regen sehr gute Fahreigenschaften bewiesen. Auch bei Pirelli gibt es noch eine gute Auswahl, so zum Beispiel der P6000, der auch bei Porsche für die frühen 911er empfohlen wird. Auf der Pirelli-Seite gibt es sogar einen Eingenen Bereich “Pirelli Tyres for Classic & Vintage Cars” auf der gute Infos stehen.

Sehr bekannt in der Szene ist der Hersteller Vredestein (zum indischen Unternehmen Apollo gehörend). Schon sehr lange ist die Marke bei Klassikern über Werbung und Marketingaktionen bei Oldtimerfreunden etabliert. Auch hier gibt es auf der Webseite einen eigenen Bereich für Classic-Reifen. Wir haben den Reifen “Sprint Classic” bis vor 5-6 Jahren auch auf unserem Triumph TR3 und TR250 aufgezogen, waren aber nicht mehr von der Qualität überzeugt und sind daher auf Michelin gewechselt.

Neben solchen namhaften Größen gibt es auch immer wieder Neueinsteiger.

So ist jetzt neu im Segment die Marke RADAR Tyres, exklusiv beim Großhändler Reifen Gundlach im Programm, zu finden. Dort gibt es 30 Dimensionen für Klassiker wie den Käfer, Fiat 500, BMW, Opel- und Mercedes-Modelle sowie Brit-Classics von Jaguar, MG und Triumph. Das Profil DIMAX, teilweise auch mit weißer Seitenwand zu haben, zeigt ein klassisches Erscheinungsbild mit fünf Rippen und gewellte Rillen.

Jenseits der großen, bekannten Marken bietet auch Blockley Reifen in Klassiker-Dimensionen. Sehr wichtig zum Beispiel für Vorkriegs-Rennwagen. Wer auf deutsche Produkte setzt kann bei Heidenau fündig werden, die neben ausgezeichneten Zweirad- und Gespann-Pneus eben auch solche für Automobile fertigt.

Die finnische Kontio Tyres Ltd., deren Produkte in ihrem Heimatland genauso wie in Schweden sowie Norwegen über die Onlineplattform Tyrelia vertrieben werden und die für andere europäische Länder noch auf der Suche nach Importeuren ist, bringt einen neuen Weißwandreifen auf den Markt. Der Weißwandreifen „WhitePaw Classic“ von der finnischen Kontio Tyres Ltd. wird in Deutschland von Tomason importiert. Das Unternehmen aus Essen war 2019 auf der Oldtimermesse in Friedrichshafen am Bodensee vertreten, um den Besitzern historischer Fahrzeuge den Pneu vorzustellen. Erhältlich ist Kontios „WhitePaw Classic“ ab etwa Mitte des Jahres zunächst in der Größe 225/75 R15 102R, wobei im weiteren Jahresverlauf dazudann noch die Dimensionen 205/75 R14 98R, 225/75 R14 102R, 165/80 R15 87R, 205/75 R15 97R und 235/75 R15 108R hinzukommen sollen

Yokohama hat den G.T. Special Classics neu entwickelt. Auch hier wirkt das Profilbild überzeugend für klassische Automobile. Zunächst gibt es die Größen 165/80 R 15 H, 175/80 R 14 S und 165/80 R 14 S.

Andere Hersteller halten sich dagegen seit vielen Jahren konsequent zurück.

So verzichtet Branchenriese Continental seit jeher darauf, aus der Mode gekommene Dimensionen – und sei es im Auftrag durch andere – wieder aufleben zu lassen. Übersehen die Hannoveraner den Imagevorteil und dass Besitzer von Oldtimern auch neue Fahrzeuge bewegen? In der Lücke sind andere Anbieter aktiver, etwa koreanische Hersteller wie Hankook und Kumho, die dann nicht selten an urtypisch deutschen Klassikern aufgezogen werden.

Über die Qualität der unterschiedlichen Produkte und Marken braucht sich der Konsument kaum Gedanken machen. Alle großen Reifenhersteller sind nach diversen ISO-Normen zertifiziert und können es sich nicht erlauben, Untaugliches zu offerieren. Für den Klassik-Fahrer ist vor allem wichtig, dass er über den Zustand seiner aktuell benutzten Reifen Bescheid weiß, neben dem korrekten Fülldruck sind das vor allem Profiltiefe und Reifenalter.

Die Profiltiefe entscheidet, bei welchen Geschindigkeiten Wasser auf der Straße gefährlich wird: Je weniger Millimeter noch vorhanden sind, desto eher gibt es Aquaplaning. Beim Alter gilt im Grunde, dass Reifen nach spätestens sechs bis zehn Jahren, egal wieviel Gummi noch drauf ist, auf den Schrott gehören. Das ist eigentlich schade, aber das Gummi härtet mit der Zeit aus und kann sich daher nicht mehr wirkungsvoll mit den Fahrbahnoberflächen verzahnen. Schon bei feuchter Strecke wird es dann extrem rutschig. Hier zu sparen wäre also riskant, denn bei Oldies wie auch Neufahrzeugen gilt: Jeder Blechschaden ist teurer als ein neuer Satz guter Reifen!

Das Internet hilft auch für die erste schnelle Suche

Für einen schnellen Angebotsüberblick und Preisinformationen ist das Internet eine ergiebige Quelle. Neben den großen Bekannten Anbietern auf der ersten Google Seite ist  auch die Firma Münchener Oldtimer-Reifen aus Holzkirchen bei München als Anbieter in Fachkreisen bekannt. Hier gibt es nicht nur die Gummis in üblichen, seit 1945 verwendeten Größen, sondern auch Angebote für ältere Fahrzeuge. Ein weiterer Spezialist kommt aus Quickborn Oldtimer & Weißwandreifen Möller GmbH.

 

Danke für die Unterstützung bei diesem Artikel an Lars Döhmann, freier Journalist und Experte in Sachen Fahrzeugbereifung.